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Ich will doch nur meine Ruhe!

  • Autorenbild: Nina Müller-Peltzer
    Nina Müller-Peltzer
  • 24. März
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. Apr.

Die Welt prasselt auf uns ein und wir lassen Sie. Dass wir uns Konstantem Input aussetzen, fällt uns zwar nicht auf, macht uns aber müde, unmotiviert und leer. Wie du wieder mehr zur Ruhe kommst und daraus Kraft und MOtivation schöpfst, jetzt in diesem Blogbeitrag.


Stell dir vor, du hättest einen persönlichen Assistenten. Jemand, der rund um die Uhr für dich da ist. Sobald du aufwachst, steht er dir zu Diensten und erst wenn du abends einschläfst, hat auch er Feierabend. Er ist immer an deiner Seite und hält dich ständig auf dem Laufenden. Er informiert dich über die Wetter- und Weltlage, überbringt dir Botschaften von deinen Liebsten, plant mit dir deine Meetings und privaten Events. Er informiert dich permanent, läuft immer mit, hat immer eine Antwort, oft auch auf Fragen, die du gar nicht gestellt hast. Er redet mit dir permanent, ist quasi dein Schatten und folgt dir überall hin. Er ist niemals still, es sei denn, du trennst dich von ihm.



Still sein, in einer lauten Welt: Vom Fluch und Segen unserer Informationskultur

Dieser Assistent ist unser Handy. Keine Sorge – das ist kein Aufruf zum radikalen Verzicht. Unsere Smartphones tun uns gute Dienste und haben uns von vielen umständlichen, aufwendigen Prozessen befreit. Wir sind schneller informiert, besser vernetzt und ständig auf dem Laufenden. Doch unser Smartphone-Konsum hat auch seine Schattenseite: der stetige Strom an Information. Denn während er uns wichtige Inhalte bringt, die für uns relevant sind, nimmt er uns auch etwas ganz Entscheidendes: sie zu verarbeiten.


Anstehen in der Schlange, lange Busfahrten, Reisen im Flugzeug, Warten beim Arzt, – früher waren das diese kleinen, stillen Momente. Zeit, um nachzudenken, kurz durchzuatmen, Leute zu beobachten, die nächsten Tagesschritte im Kopf zu planen, über ein Gespräch nachzudenken, sich traurig/aufgeregt/alleine/fröhlich zu fühlen.


Sicher, auch diese Wartezeiten hat man oft mit dem Lesen von Nachrichten, in Form von Büchern oder Zeitschriften, überbrückt.

Aber wir haben 1.) nicht gleichzeitig Nachrichten, Wirtschaftsanalysen, Promi-News und Elternratgeber konsumiert, sondern uns einer Sache gewidmet. Und 2.) haben wir immer wieder das Buch oder die Zeitung weggelegt und einfach mal vor uns hingestarrt.


Und in diesen kleinen Momenten der Reflexion, der mentalen Pausen, der inneren Ruhe ist in unseren Köpfen dann etwas großartiges passiert.



Warum die stillen Momente so wichtig sind


In diesen kleinen Pausen sortierten wir unsere Gedanken. Wir verarbeiteten Erlebnisse und fanden Lösungen für Probleme, wir trafen Entscheidungen und bemerkten Veränderungen, wir ließen Revue passieren und spürten in Dinge hinein, schlicht: wir reflektierten. Das ist ein, wenn nicht der wichtigste Prozess in unserem Wachzustand: Wir nehmen uns Zeit, über etwas nachzudenken.


In dem wir zur Ruhe kommen, den Blick nach innen richten, im Dialog mit uns selbst Klarheit schaffen, sammeln wir Kraft und beschließen unsere nächsten Schritte. Hier entstehen Entschlüsse und Ideen, hier setzen wir Ziele, planen, entwickeln, kreieren. Hier sind wir achtsam, wirksam und haben die Kontrolle.



Deine Prioritäten setzen andere

Wie ärgerlich wäre es da, wenn dir die ganze Zeit einer in die Parade quatscht: dein Assistent. Ein Schatten, der dir über die Schulter guckt und in deine Überlegungen reinblöckt, dir unter die Nase hält, was Christina Samstagabend alles erlebt hat, dir die Urlaubsbilder von Kollege Johann mit seiner Family auf Korfu vorsetzt, dich informiert, dass es morgen 12 Grad werden und gestern 9 Grad waren, dich an deinen Zahnarzttermin erinnert, deine Mutter zu dir durchstellt, die dir sagen will, dass du eine Jacke tragen sollst, weil es morgens noch so frisch ist...


Das schlimmste ist nicht mal, dass dein Smartphone und seine Botschaften deine Zeit zur Reflektion übernehmen. Viel gravierender ist, dass sie deine Gedanken überschreiben mit Themen, die du selbst ziemlich sicher gerade gar nicht priorisiert hast. Dein Kopf beschäftigt sich also nicht mehr mit den von dir als wichtig erachteten Dingen, sondern mit denen, die Insta, Facebook, Linkedin für relevant erachten, gemeinsam mit Smsen, E-Mails, Erinnerungs- und Kalenderfunktionen in Form von Push-Nachrichten. In deinem Leben klingelt und piepst, blinkt und vibriert es, aber nichts davon kommt in diesen Momenten von dir. Du hast kaum Kontrolle darüber, womit sich deine Gedanken in den nächsten Minuten beschäftigen und wirst so vom aktiven Part in deiner Gedankenwelt zum passiven.



Wir müssen uns entscheiden: Zaungast im Leben anderer oder Gastgeber im eigenen?

Und wie überall in unserem Leben, mögen wir es nicht, wenn jemand anderes die Kontrolle über uns hat. Wir mögen das nicht bei unseren Eltern, deshalb nabeln wir uns imTeenageralter ab. Wir mögen das nicht bei Freunden, deshalb setzen wir Grenzen. Wir dulden es nur schwer im Job und wenn es überhand nimmt, kündigen wir auch da.


Wir wollen Kontrolle über unser Denken und Handeln. Deshalb demoralisiert es uns, wenn wir keine haben. Es macht uns müde, unmotiviert und leer. Wir haben 20 Minuten mit Christinas Abendplan und Johanns Reiseroute verbracht, anstelle unser nächstes Wochenende zu planen. Wir sind zum Zaungast geworden, NPC's (non-playable-characters), zu Statisten im Leben anderer.



Wie wir die Kontrolle zurückbekommen? Ganz einfach:

Wir wissen schon lange, dass zu viel Handykonsum nicht gut für uns ist, und kennen auch die neurologischen Einflüsse (wenn nicht, hier mein Artikel zu Dopamin-Abhängigkeit). Aber war uns klar, dass wir zum Voyeur anderer Leute Leben werden, während wir unseres überschreiben lassen? Wenn uns bewusst wird, dass wir eigentlich die Kontrolle über unser Leben haben und diese jeder Zeit wieder zurückholen können, verliert unser Handykonsum seinen Schrecken. Hier gibt es 4 simple Schritte, wie du dir kleine Inseln der Stille organisierst, deine Themen priorisierst und dir deinen Headspace wieder zurückeroberst.



4 Tipps, um Dir Deine stillen Momente zurückzuholen


  1. Schick deinen Assistenten öfter mal in die Pause. Beim Warten oder in Bus und Bahn: Lass das Handy in der Tasche. Anstelle die Fotos von Kathies Geburtstag durchzuklicken, plane lieber deinen eigenen. Wer soll kommen, was macht ihr, wo geht ihr hin? Netter Nebeneffekt: Mit der Planung kommt die Vorfreue!


  2. Schick deinen Assistenten mal in den Urlaub! Heute geht's mit der Familie oder Freunden an den See? Lass das Handy zu Hause. Du hast alle Menschen um dich rum, die dich erreichen wollen und mit denen du zusammen sein möchtest - du brauchst keinen weiteren. Grillt zusammen, redet, tobt im Wasser, hört Musik und starrt gemeinsam auf den See. Wetten, am Abend wirst du 10-mal glücklicher sein, als nach 2 Stunden Doomscrolling.


  3. Kommuniziere deine eigenen Themen: Wenn der Griff zum Handy kommt, um ein paar Minuten Zeit mit Scrollen zu verbringen, öffne deine Notizen-App und schreibe deine Gedanken auf. Statt passiv in die Welt hinauszustarren, nimmst du so aktiv deine Kommunikation mit dir auf. Win-Win für dich: Beim Aufschreiben ordnen wir hervorragend unsere Gedanken, entdecken oft, was wirklich hinter unseren Gefühlen steckt und kommen häufig auf überraschende Erkenntnisse.


  4. Übe Achtsamkeit im wahrsten Sinne des Wortes: Sei achtsam in seiner Urbedeutung, also gib acht auf die Dinge um dich herum. Wenn du die Augen vom Screen weg auf dein reales Umfeld schweifen lässt, siehst du überall neue Ideen, Impulse und Inspirationen. Der Jogger da erinnert dich, dass du mit Tim und Lutz eine Laufgruppe gründen wolltest. Die Frau mit dem Hund lässt dich weiter über das Konzept einer Hundebäckerei sinnieren. Der tätowierte Typ neben dir in der Bahn kennt bestimmt ein gutes Studio. Vorteil: du denkst nicht nur mehr über deine Ziele und Träume nach, du feilst gedanklich weiter an ihnen, reifst sie aus und triffst dabei vielleicht sogar auf Leute, die dich bei der Umsetzung unterstützten könnten.

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